Der perfekte Start ins Hundeleben

Der perfekte Start ins Hundeleben (aus Verhaltenssicht)

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von Ann-Kristin Baison

Früh übt es sich, wer ein gut sozialisierter, umweltsicherer und gut erzogener Hund werden will!

Die Hundewelpen kommen blind, taub und weitgehend immobil auf die Welt. Die ersten richtigen Erfahrungen sammeln sie erst ab der 3. Lebenswoche. Die ersten Wochen (bis ca. zur 16. Lebenswoche) sind besonders entscheidend für die weitere Entwicklung des Hundes. Diese Phase ist prägeähnlich, das heißt, dass die Erfahrungen, die der Welpe in dieser Zeit macht, besonders nachhaltig und intensiv abgespeichert werden. Das gilt für positive als auch negative Erfahrungen.

Als Verhaltensberaterin begegnen mir oft Hunde, die als Welpen isoliert z.B. in einem Stall aufgewachsen sind. Sie hatten nur wenig Kontakt zu Menschen – manchmal nur zur Fütterungszeit. Die alltäglichen Geräusche im Haus wie Waschmaschine und Staubsauger haben die Welpen nie kennengelernt. Auch die sogenannten Kofferraumwelpen werden sehr lieblos und reizarm aufgezogen. Mit viel Geduld, professioneller Anleitung, Routinen und wenig Abwechslung im Tagesalltag werden diese Hunde ein einigermaßen stabiles Leben führen können. Nicht selten landen die Hunde aber im Tierheim, da die Menschen mit ihnen überfordert sind. Die beste Strategie wäre es, wenn diesen unseriösen „Züchtern“ Einhalt geboten werden würde. Doch leider gibt es immer noch eine große Nachfrage nach billigen Welpen.

Isoliert aufwachsende Welpen leiden unter Erfahrungsentzug (Deprivation). Dies geschieht durch reizarme und lieblose Umgebungen beim „Züchter“.  Die Nervenzellen im Gehirn können sich nicht ausreichend miteinander vernetzen und der Hund kann im späteren Leben nicht flexibel genug auf neue Situation reagieren. Kurz gesagt: Die Nervenzellen sind anfänglich wie Trampelpfade, aus denen durch ausreichende Reize und Wiederholungen der Reize Autobahnen werden sollen. Fallen die Stimuli weg, bleiben Trampelpfade zurück. Die Hunde mit Deprivationsschäden neigen verstärkt zu Verhaltensauffälligkeiten. Sie sind sehr unsicher und nervös, kommen schlecht mit neuen Situationen zurecht und zeigen häufiger als andere Hunde Aggressionen und Zwangsstörungen.

Ein verantwortungsvoller Züchter bietet den Welpen altersgerecht verschiedene Reize und Kontakte. Die Welpen sollten im Haus aufwachsen und später Ausflüge in den Garten unternehmen dürfen. Täglicher Körperkontakt zum Züchter und später auch zu unterschiedlichen Menschen (Männer, Frauen, Kinder etc.) gehört genauso dazu, wie z.B. die Gewöhnung an unterschiedliche Geräusche.

Welpen dürfen laut Tierschutzgesetz frühstens ab der 8. Lebenswoche in das neue Zuhause abgegeben werden. So lange die Mutterhündin nicht mit der Rasselbande allmählich überfordert ist und die Geschwister auch noch als Spielpartner da sind, empfehle ich eine Übernahme des Welpen ab der 9.-10. Lebenswoche.

Ein Welpe sollte beim Züchter und im neuen Zuhause schrittweise lernen:

  • Sozialisierung gegenüber Artgenossen: Nicht jeder Hund sieht gleich aus und bisher kannte der Welpe nur die Mutter und ihre Wurfgeschwister. Auch kommuniziert jeder Hund anders. Achtung: Nicht jeder Hundekontakt ist wertvoll. Ein geduldiger Artgenosse ist die richtige Wahl!
  • Sozialisierung gegenüber Menschen: Ob groß oder klein, ein Welpe sollte Menschen unterschiedlicher Altersstufen kennenlernen.
  • Gewöhnung an die unbelebte Umwelt: die gruselige Mülltonne an der Straßenecke oder der Staubsauger sollten ruhig und entspannt angeschaut werden dürfen.
  • Beißhemmung: Die Beißhemmung ist nicht angeboren. Die spitzen Welpenzähnchen tun ganz schön weh. Ein lautes, quietschiges „Aua“ und dem Unterbrechen der Streicheleinheit beeindrucken sehr. So lernt der Welpe seine Zähne vorsichtiger einzusetzen. Die Beißhemmung sollte bis zum Zahnwechsel erlernt sein.
  • Stubenreinheit: Ein Welpe muss viel häufiger auf die Toilette als ein erwachsener Hund als ein erwachsener Hund. Als Faustregel gilt, dass er nach jedem Spiel, jeder Mahlzeit und nach dem Schlafen unbedingt raus muss. Wird draußen viel gelobt und drinnen kommentarlos weggewischt, lernt ein Welpe ganz schnell sein Geschäft lieber draußen zu verrichten.
  • Allein bleiben: Ein Welpe war bis zum Einzug ins neue Zuhause noch nie alleine. Als soziale Lebewesen müssen Hunde das Alleine bleiben schrittweise erst lernen. Man kann den Welpen am Anfang sekundenweise allein lassen und die Zeit langsam steigern.
  • Entspannung: Welpen müssen 20-22 Stunden am Tag ruhen. Schaffen sie es nicht von allein, müssen wir Menschen ihnen dabei helfen, in dem man sie auch mal „links liegen lässt“.

Im neuen Zuhause sollte der Welpe nicht überfordert werden. Auf den Besuch der gesamten Großfamilie und Nachbarschaft sollte in den ersten paar Tagen verzichtet werden. Allmählich kann der Welpe dann an die weite Bandbreite häuslicher Reize gewöhnt werden.

Wenn der Welpe sich schon ein paar Tage eingelebt hat, kann er dann in die Welpenschule gehen. Dort trifft er auf Spielpartner, lernt die ersten Grundlagen des Grundgehorsams und Frauchen und Herrchen haben eine(n) kompetente(n) Ansprechpartner(in) für Fragen aller Art. Die Auswahl der richtigen Hundeschule fällt meist nicht leicht. Die meisten Hundeschulen bieten ein kostenloses Zuschauen an. Reine Spielgruppen sind nicht zu empfehlen. Die Welpen sind dann schnell überfordert und das Spiel wird zum Mobbing. Eine Mischung aus Spiel, kleinen Grundgehorsamsübungen und Mutproben wie durch einen Tunnel laufen haben sich sehr bewährt.

Checkliste verantwortungsvoller Züchter (keineswegs vollständig, sondern nur als Anhaltspunkte)

  • Die Welpen wachsen im Haus und im Garten mit unterschiedlichen Reizen auf.
  • Die Hündin ist anwesend und ist auch eindeutig die Mutter.
  • Die Mutterhündin und die Welpen zeigen keine Angst vor dem Züchter.
  • Machen die Welpen einen gesunden Eindruck? Nicht zu dünn, nicht verwahrlost und nicht aufgebläht durch Würmer?
  • Gibt es sehr viele Würfe Welpen unterschiedlicher Rassen gleichzeitig? Dann lieber Finger weg!
  • Erlaubt der Züchter zu sehen, wo und wie die Welpen bisher aufgewachsen sind? Darf man die Welpen vor der Abgabe besuchen? Trifft man sich zur Übergabe an einem neutralen Ort, handelt es sich vermutlich um einen unseriösen Vermehrer.
  • Gibt es einen Welpen-Kaufvertrag? Und stellt der Züchter Fragen zum möglich neuen Zuhause?